Dissertation DIS-2014-06

Bibliograph.
Daten
Silcher, Stefan: Adaptive und wandlungsfähige IT-Architektur für Produktionsunternehmen.
Universität Stuttgart, Fakultät Informatik, Elektrotechnik und Informationstechnik, Dissertation (2014).
244 Seiten, deutsch.
CR-Klassif.C.2.4 (Distributed Systems)
D.2.11 (Software Engineering Software Architectures)
D.2.12 (Software Engineering Interoperability)
D.2.13 (Software Engineering Reusable Software)
J.1 (Administration Data Processing)
Kurzfassung

Die Herausforderungen, denen sich Produktionsunternehmen heutzutage stellen müssen, nehmen kontinuierlich zu. Diese umfassen insbesondere die Globalisierung, die wachsende Komplexität und das heute vorherrschende turbulente Umfeld [Jovane 2009]. Durch die Globalisierung muss sich jedes Unternehmen dem Wettbewerb und den vielfältigen Herausforderungen der unterschiedlichen Märkte stellen. Die zunehmende Komplexität wird nicht nur durch eine steigende Anzahl an Produktvarianten hervorgerufen, sondern nimmt auch auf der Prozessebene kontinuierlich zu. Die Probleme vergrößern sich durch das turbulente Umfeld, in dem interne und externe Einflüsse auf die Produktionsunternehmen einwirken und zu einem kontinuierlichen Anpassungsbedarf führen [Westkaemper 2007].

In Produktionsunternehmen wird diesen Herausforderungen zunehmend mittels Informationstechnik (IT) begegnet. Die Vielzahl an Softwaresystemen und deren oft proprietäre Integration führen jedoch schnell zu einer komplexen IT-Landschaft, deren Wartungsaufwand kontinuierlich steigt. Zusätzlich sind sowohl die Softwareanwendungen als auch deren Integration unflexibel [Kirchner 2003], weshalb Änderungen und Erweiterungen nur mit großem Aufwand durchführbar sind. Die in den Anwendungen implementierten Prozesse werden damit ebenfalls starr und können aufgrund dessen nicht schnell genug angepasst werden. Zudem sind Integrationslösungen weitestgehend auf eine Domäne beschränkt und ermöglichen keinen unternehmensweiten Datenaustausch oder domänen- und anwendungsübergreifende Prozessdefinitionen.

Aus diesen Gründen wird eine neue IT-Architektur für Produktionsunternehmen benötigt, welche die Adaptivität sowohl der Anwendungen und deren Integration als auch der Prozesse unterstützt. Die vorliegende Arbeit beschreibt eine solche adaptive und wandlungsfähige IT-Architektur (ACITA) für Produktionsunternehmen [Silcher 2011]. Deren initiale Anwendungsdomäne ist der Produktlebenszyklus bzw. das Product Lifecycle Management (PLM), sie kann jedoch relativ einfach auf weitere Domänen ausgeweitet werden. Zur Integration der Anwendungen werden einheitliche und standardisierte Web Service Schnittstellen verwendet. Die lose und damit flexible Kopplung der Services erfolgt über einen angepassten Enterprise Service Bus (ESB). Die Unterstützung der Prozesse geschieht durch flexible Komposition von Services in Workflows, die die Geschäftsprozesse unterstützen können. Jede Domäne wird durch dieses Vorgehen getrennt voneinander über einen angepassten ESB integriert. Dies erlaubt die technischen Anforderungen der Domäne zu berücksichtigen, wodurch eine leistungsfähigere IT-Umgebung erreicht wird. Die Integration der einzelnen domänenspezifischen ESBs erfolgt über einen weiteren ESB, dem sogenannten PLM-Bus. Dieser sorgt für eine wandlungsfähige IT-Architektur, indem phasenspezifische ESBs einfach hinzugefügt oder entfernt werden können. Die Umsetzung der ACITA erfordert eine Reihe verschiedener Komponenten. Die zu integrierenden Anwendungen benötigen Serviceschnittstellen, um auf deren Funktionalität oder Daten zugreifen zu können. Die Verwaltung dieser Serviceschnittstellen wird durch mehrere Serviceverzeichnisse bewerkstelligt, deren Anordnung der Hierarchie der ACITA entsprechen [Silcher 2013a]. Die lose Kopplung der Services erfolgt über Content-based Router (CBR), die in jedem ESB implementiert sind. Die Unabhängigkeit von proprietären Datenformaten der integrierten Anwendungen wird durch die Verwendung von einheitlichen Nachrichtenaustauschformaten in jeder Phase sichergestellt. Um Nachrichten zwischen unterschiedlichen Phasen zu übertragen, sind Übersetzungsservices notwendig.

Die prototypische Implementierung der ACITA erfolgte in der Lernfabrik aIE, die aus einer digitalen Lerninsel und einer physischen Modellfabrik besteht [Riffelmacher 2007]. Zur Integration wurden die beiden domänenspezifischen Integrationsumgebungen des Production-planning Service Bus (PPSB) und des Manufacturing Service Bus (MSB) über den PLM-Bus verbunden, um den nahtlosen Datenaustausch zwischen den entsprechenden Phasen zu demonstrieren [Silcher 2013a]. Die Evaluation der ACITA wird in vier Anwendungsszenarien durchgeführt und anhand von sechs Kriterien mit anderen Integrationslösungen für den Produktlebenszyklus verglichen.

Die ACITA kann in einem global aufgestellten Unternehmen durch die Integration von verteilten Anwendungen bzw. Services den Datenaustausch zwischen allen Standorten sicherstellen. Der durchgängige Einsatz von Softwaresystemen in Kombination mit der flexiblen Prozessunterstützung macht die wachsende Komplexität der Produkte und Prozesse besser beherrschbar. Der kontinuierliche Anpassungsbedarf, der durch das turbulente Umfeld hervorgerufen wird, ist durch die Adaptivität und Wandlungsfähigkeit der IT-Architektur einfacher durchführbar. Damit sind Unternehmen bestens für zukünftige Herausforderungen gewappnet.

Abteilung(en)Universität Stuttgart, Institut für Parallele und Verteilte Systeme, Anwendersoftware
BetreuerMitschang, Bernhard (Prof. Dr.-Ing. habil.)
Eingabedatum6. Februar 2015
   Publ. Abteilung   Publ. Institut   Publ. Informatik