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Fachdidaktik des Informatikgrundstudiums, 21.9.05, Bonn
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Am 21.9.05 fand im
Rahmen der 35. GI-Jahrestagung an der Universität Bonn ein
Symposium über die Hochschuldidaktik in der Informatik statt.
Seit vielen Jahren erproben alle Hochschulen eigene Wege, um den
Studierenden des Grundstudiums (= die ersten zwei bis drei Semester
im Diplom- oder Bachelorstudium an Universitäten und
Fachhochschulen) den Zugang zur Informatik optimal zu gestalten. Für
die Vermittlung gibt es fachsystematische Ansätze,
methodenorientierte oder systemtechnische Vorgehensweisen,
anwendungsorientiertes Herangehen u. Ä., bei der
Präsentation des Stoffes dominieren Vortragstätigkeiten,
aber man beobachtet auch Textbuchmethoden (selbstständige
Vorarbeit durch die Studierenden) oder exemplarische
Aufgabenverteilung und Hausaufgaben; den Übungsbetrieb kann man
frontal organisieren, durch Einzelvorträge der Teilnehmer
beleben oder unbekannte Aufgaben in Kleingruppen lösen lassen;
die Übungsaufgaben lassen sich nach Schwierigkeitsgraden
anordnen, nach didaktischen Taxonomien auswählen oder sie werden
als Vertiefung des Vorlesungsstoffes aufgefasst; es können
Zusatzveranstaltungen mit vielen Beispielen und Anwendungen und
Sonderkurse für spezifische Fragen (z. B. Formalismen,
Beweistechniken, systematisches Programmieren, Querbezüge)
angeboten werden oder es lassen sich Diskussionsforen einrichten
entweder „live“ in den Hörsälen oder über
das Internet; Betreuung, Beratung, Rückkopplungen usw. können
über Tutoren, Mentoren, Internetseiten oder regelmäßige
Besprechungen abgewickelt werden.
Das Symposium sollte
grundsätzliche Vorgehensweisen vorstellen und zugleich
herausarbeiten, worauf inhaltlich und methodisch beim Studienanfang
Wert gelegt wird. Diese Überlegungen müssen ab dem Jahre
2006 fortgesetzt und systematisch durchleuchtet werden. Eine entsprechende Nachfolgetagung
wird im Jahr 2006 an der TU München stattfinden, siehe Zusammenfassung von
Prof. Schubert. Typische Fragen können sein: Welche
Erfahrungen liegen in den verschiedenen Hochschulen im Bereich
des Grundstudiums Informatik vor? Welche Einflussfaktoren sind
wichtig, was kann man wirklich steuern und fördern, welche
Rahmenbedingungen sind nützlich/hinderlich, wie kann man vorab
Informationen erheben, um Lernhemmnisse zu beseitigen, wie hoch
ist der zeitliche Aufwand der Lehrenden und welche Erfolgsquoten
lassen sich in den anschließenden Prüfungen erzielen? Wie
weit stimmen Aussagen der Form „Die Erfolgsquote in Klausuren
ist ohnehin unabhängig von der Qualität der Lehre“
oder „Je schlechter eine Lehrveranstaltung, um so besser die
Klausurergebnisse, weil die Studierenden nur bei schlechter Lehre den
Stoff ernsthaft nacharbeiten“?
Aufgrund der gewaltigen Vielfalt der Einflussparameter lassen sich
Experimente nicht exakt wiederholen. Der bundesweite
Erfahrungsaustausch erhält daher eine zentrale Bedeutung, weil
sich erfolgreiche Vorgehensweisen heraus kristallisieren und an
verschiedenen Standorten erproben lassen, womit der Lernerfolg
großflächig verbessert werden kann. Hierzu sind allerdings
Abstimmungen und ein ständiger Gedankenaustausch erforderlich -
im Gegensatz zum Trend der Hochschulen, sich durch Profilbildung
voneinander abzusetzen. Den Anfang haben sechs grundlegende Vorträge
von engagierten Fachleuten der Informatik gemacht. Die schriftliche
Form dieser Vorträge sind im Folgenden zusammengestellt und die
Organisatoren (Prof. Dr. Volker Claus, Universität Stuttgart;
Prof. Dr.-Ing. Klaus-Peter Löhr, Freie Universität Berlin;
Dr. Markus Schneider, TU München; Prof. Dr. Sigrid Schubert,
Universität Siegen) bedanken sich herzlich für diese
Ziel setzenden Beiträge.
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Vortragsfolien (PDF)
Zusammenfassung der Ergebnisse des Symposiums
Prof. Dr. Sigrid Schubert, Universität Siegen
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Die Ergebnisse lassen sich mit fünf
E’s darstellen:
1 Entwicklung
Für das Informatikgrundstudium
wurden vielfältige Studienmaterialien entwickelt und in der
Praxis erprobt. Dazu zählen ausgezeichnete Lehrbücher
ebenso wie die digitalen Lernmaterialien, die im Rahmen von
Förderprogrammen, z. B. zu E-Learning, Blended Learning, Neue
Medien, Notebook-Universität entwickelt wurden.
2 Evaluierung
Erfolgreich evaluiert und akkreditiert
wurden bisher Informatikstudiengänge des Präsenzstudiums
und solche mit Konzepten von E-Learning und Blended Learning, z. B.
im Rahmen der Virtuellen Fachhochschule. Dem stehen fragwürdige
Rankings zur Qualität der Lehre auch im Fach Informatik
gegenüber. Hier besteht Handlungsbedarf, um seriöse
Evaluationsverfahren und deren Ergebnisse zu publizieren.
3 Empfehlung
Die Gesellschaft für Informatik,
der Fakultätentag Informatik und der Fachbereichstag Informatik
besitzen bereits eine Tradition gemeinsamer Empfehlungen für die
Gestaltung und Akkreditierung von Informatikstudiengängen. Für
die Umsetzung der Empfehlungen ist mehr Erfahrungsaustausch
erforderlich.
4 Erforschung
Die Hochschuldidaktik der Informatik
steht noch am Beginn des Weges, ein fester Bestandteil der Informatik
zu werden. Der wissenschaftliche Nachwuchs benötigt dringende
Ermutigung, um solche Promotions- und Habilitationsvorhaben
aufzunehmen. Wünschenswert sind ebenfalls Juniorprofessuren für
dieses Gebiet.
5 Erfahrung
Es liegt eine umfangreiche Sammlung an
Erfahrungen vor. Der Erfahrungsaustausch erfordert aber mehr Zeit als
im Rahmen von GI-Jahrestagungen möglich ist. Dazu wird die TU
München unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Broy für den
Herbst 2006 zu einer Ausbildungstagung Informatik mit Schwerpunkt auf
der Hochschuldidaktik Informatik einladen. Das Vorbreitungsteam (M.
Broy, V. Claus, K.-P. Löhr, M. Schneider, S. Schubert, A.
Schwill, S. Seehusen, G. Siegel) wird zusätzlich zum „Call
for Papers“ eingeladene Vorträge von Expertinnen und
Experten organisieren. Das Tagungsmotto könnte lauten:
„Modellieren von Studienprozessen – Fachdidaktik
Informatik“.
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