Hauptseminar


Informatik und Gesellschaft


Prof. Dr. K. Lagally, S. Schimpf

Sommersemester 1997


Thema:

Being Digital

- Nicholas Negropontes Visionen -

von

Roland Barthel



Inhaltsverzeichnis





Einleitung

Ich möchte hauptsächlich auf die Visionen von Nicholas Negroponte eingehen, die er unter anderem in seinem Buch Being Digital, welches auch im Internet verfügbar ist, be-schreibt. An der ein oder anderen Stelle werde ich auch Vorstellungen von Bill Gates erwähnen und hauptsächlich am Ende eigene Gedanken einfliesen lassen.
Nicholas Negroponte ist Mitbegründer und Direktor des Media Lab am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Das MIT beschäftigt sich nun schon seit über zehn Jah-ren mit der Erforschung zukünftiger Formen der menschlichen Kommunikation von der Unterhaltung bis zum Schulwesen. Das Media Lab wird unter anderem von über 140 Firmen in der ganzen Welt unterstützt.Als das Media Lab gegründet wurde, gab es so etwas wie Multimedia noch nicht, die Entwickler wurden belächelt, weil sie im Bereich des Interfaces zwischen Mensch und Maschine forschten. Heutzutage ist Multimedia ein Milliardengeschäft.Außerdem ist Negroponte Mitbegründer und ständiger Kolumnist der Zeitschrift Wired und gilt als einer der weltweit führenden Experten auf dem Gebiet der Kommunikations-Technologie.
Zu Bill Gates braucht man, denke ich, nicht viel zu sagen. Er ist durch seine Firma Microsoft wohl jedem ein Begriff.



1. Wie Bits die Welt verändern

1.1 Bits und Materie

Um die Auswirkungen des digitalen Lebens zu verstehen, betrachtet Negroponte [1] die Unterschiede zwischen Bits und Materie. Im Moment erleben wir den Wechsel vom In-dustrie-Zeitalter - einer Zeit, in der Materie die Hauptrolle spielten - zum Informations- Zeitalter, in dem die Bits immer mehr an Bedeutung gewinnen. Dies hat große Auswir-kungen auf unsere Gesellschaft. Die Massenmedien zum Beispiel wurden gleichzeitig größer und kleiner. Auf der einen Seite erreichen bestimmte Sendeformen wie CNN ein größeres Publikum, auf der anderen Seite entstanden auch Nischenprogramme, die eine ganz bestimmte kleine Zielgruppe besitzen. Im Postinformations-Zeitalter wir man häufig auf ein Einpersonenpublikum stoßen. Informationen werden speziell für eine Person zu-sammengestellt, alles kann gesondert angefordert werden und Werbung wird ganz gezielt an Einzelpersonen geschickt werden.
Die meisten Informationen erhält man heutzutage immer noch in Form von Materie, zum Beispiel als Zeitungen, Zeitschriften und Bücher. Verträge werden immer noch schriftlich festgehalten und an vielen anderen Stellen ziehen wir Papier und Bleistift ei-ner elektronischen Form vor. Wer schreibt seinen Einkaufszettel schon am PC? Im ge-schäftlichen Bereich, bei Preisen und Kosten, haben wir immer noch Materie vor Augen. Bei der Frage, nach dem Wert eines Laptops oder PCs denken wir typischerweise nur an die Materie. Wieviel hat das Gerät gekostet, bzw. wieviel ist es noch wert? Einige wenige denken vielleicht noch daran, was die Software gekostet hat, aber nur die wenigsten überlegen sich, was eigentlich die ganzen Bits für einen Wert haben, die auf dem PC ge-speichert sind. All die vielen Bits, die der Benutzer erschaffen hat. Diese Bits können un-ersetzbar sein. Jeder, der schon einmal wichtige Daten auf irgendeine Weise verloren hat, weiß, wie wertvoll die Bits sein können und wieviel Zeit man investieren muß, um die Bits wiederzubekommen. Aber warum denken die meisten Leute nicht an die Bits, wenn sie nach dem Wert ihres PCs gefragt werden? Das liegt sicher daran, daß ein Bit keine Farbe, keine Größe und kein Gewicht hat. Man kann es nicht sehen, es ist nicht greifbar und wie möchte man schon den Wert eines eigenen Programms oder Dokuments festle-gen? Diese Denkweise unserer Gesellschaft wird sich jedoch immer mehr verändern und dem digitalen Zeitalter anpassen.
Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen Materie und Bits besteht darin, daß Bits von keinem Zoll der Welt aufgehalten werden können. Zumindest im Moment noch nicht. Wenn man ein Paket mit Materie verschickt, so kann es vorkommen, daß man lange auf die Ankunft des Pakets warten kann, weil es beim Zoll erst einmal liegen bleibt. Bits im Internet oder auf einer Telefonleitung werden nicht kontrolliert und passieren jede Landesgrenze ungehindert.
Im Moment verdrängen an vielen Stellen Bits die alte Materie. Briefe, Rechnungen und Warenlisten erstellt man am Computer, die gesamte Börse ist inzwischen digital und die Banken operieren mehr mit elektronischem Geld, als mit Geldscheinen. Natürlich kön-nen wir sehr viel Materie nicht durch Bits ersetzen. `Beam me up, Scotty` wird noch lange keine Realität werden. Bits können uns zwar helfen, Materie zu entwerfen und zu vermarkten, aber wir können nicht alle Materie durch Bits ersetzen. Sogar bei Büchern tun wir uns schon schwer. Zwar ist die Erstellung eines digitalen Buchs kein Problem, aber ein Buch hat immer noch viele Vorteile gegenüber seiner digitalen Form. Man fin-det nirgends ein hochauflösendes Display, welches mit der Auflösung eines Buches kon-kurrieren kann, die Bedienung eines Buches ist sehr einfach (es läßt sich gut durchblät-tern) und man kann es überall und jederzeit anschauen. Für die digitale Form braucht man immer einen Computer und Strom zum Lesen. Die digitale Form eines Buches hat dafür andere Vorteile, zum Beispiel daß es sehr preiswert hergestellt und transportiert werden kann und es kann niemals ausverkauft sein, weil das duplizieren kein Problem darstellt.
Im Laufe der Zeit werden wir jedoch immer mehr Materie durch Bits ersetzen können. Als nächstes wird es wahrscheinlich die Materie von Videokassetten treffen. Mit Vi-deo-On-Demand braucht man diese Materie nicht mehr. Man holt sich die Bits über den Information Highway ins Haus und - sicherlich der größte Vorteil - man muß die Materie nicht mehr zurückschleppen. In Amerika bestehen ein Viertel der Einnahmen einer Videothek doch tatsächlich aus Verzugsgebühren! Der größte Vorteil für den Be-nutzer liegt also sicher darin, daß er keine Videokassetten mehr zurückbringen muß, während die Videotheken weniger Geld verdienen werden, weil sie keine Einnahmen durch Verzugsgebühren mehr haben werden.



1.2 Eigenschaften von Bits

Der rasende Fortschritt in der Digitalen Welt, begründet Negroponte [1] mit den beson-deren Eigenschaften, die Bits mit sich bringen. Was ist ein Bit eigentlich? Ein Bit ist die kleinste Einheit einer Information und kann mit Lichtgeschwindigkeit verreisen. Es ist an oder aus, wahr oder falsch, 0 oder 1. Die Welt um uns herum ist jedoch analog. Das heißt, nichts um uns herum ändert sich plötzlich von hell nach dunkel oder von schwarz nach weiß, sondern es gibt immer einen Übergang.
Warum versuchen wir dann, alles mit Nullen und Einsen darzustellen? Das liegt an den großen Vorteilen der Digitalisierung. Erstens lassen sich digitale Daten komprimieren, zweitens kann man mit zusätzlichen Bits Fehler korrigieren. Diese zwei Eigenschaften erlauben es, viele Daten über teure und fehleranfällige Verbindungen zu transportieren. Die Komprimierung bietet einen weiteren Vorteil: Man kann viele Daten sehr flexibel komprimieren. Zum Beispiel kann man Bilder unter Verlusten der Bildqualität sehr stark komprimieren. Legt man jedoch auf eine hohe Qualität der Bilder wert, kann nicht so stark komprimiert werden. Bei Musik ist das genauso. Je höher die Abtastfrequenz ist, desto besser ist das Resultat und desto mehr Bits benötigt man.
Noch 1993 glaubte man, daß digitales Video erst im nächsten Jahrhundert Realität wer-den würde. Es wurden jedoch schneller als erwartet sehr gute Verfahren zur Komprimierung von Daten entwickelt, so daß schon heute digitales Video möglich ist. Für digitales Video benötigt man 45 Millionen Bits pro Sekunde, die mit der heutigen Technik auf etwa 1.2 Millionen Bits pro Sekunde komprimiert werden können. Ohne diese Komprimierung wäre digitales Video nicht realisierbar gewesen.
Im Zeitalter von Bits ist das Erzeugen einer Kopie sehr einfach geworden. Ein großes Problem dabei ist, daß die Kopie immer genauso gut - mit etwas Aufwand vielleicht so-gar noch besser - ist als das Original. Bisher (bei Materie) hatte eine Kopie immer eine schlechtere Qualität als das Original selbst. Man denke nur an Kopien von Video-kassetten. Das scheint aber die Leute in vielen Ländern ganz und gar nicht zu stören. Es gibt Länder in denen bis zu 95 Prozent aller verkauften Videokassetten Raubkopien sind!Bei DAT (Digital Audio Tape), Mini-Disc, Digitalem Video auf Bändern oder auf CD (DVD) hat die Industrie große Bedenken, ob man diese Technik dem Kunden in die Hand geben darf. Schließlich ist diese Technik das Paradies für Raubkopierer. Deshalb versucht die Industrie ihre Technik mit Kopierschützen und Regionalcodes auszustatten, um damit die Anzahl der illegalen Kopien zu reduzieren.



1.3 Vermischte Bits und `Bits über Bits`

Ein weiterer Grund dafür, daß alles so schnell digital wird, könnte laut Negroponte [1] die Erfindung einer neuen Art von Bits sein. Um alle Medien zu digitalisieren, müssen Bits erfolgreich vermischt werden. Man muß Audio- und Video-Bits vermischen und ge-meinsam übertragen. Ob die Bits dann zusammen oder einzeln genutzt werden, kann jeder Benutzer für sich entscheiden. Wichtig ist nur, daß man die Video-Bits von den Audio-Bits unterscheiden kann. Dies geschieht mit Hilfe zusätzlicher Bits. Diese Bits sind keine Daten, sondern sie geben Auskunft über die anderen Bits! Bei Musik-CDs gibt es schon lange `Bits über Bits`. Diese Bits teilen dem CD-Spieler mit, wo welches Lied be-ginnt, wie lange die einzelnen Lieder dauern, wie lange die komplette CD ist und es gibt sogar Platz für Titelnamen (dies wurde bisher leider noch nicht genutzt, weil zu Beginn die Herstellung aufwendiger Displays mit allen Buchstaben zu teuer war).
Das Fernsehen und das Radio haben leider keine `Bits über Bits`, oder nur sehr wenige. Das VPS-Signal könnte man als `Bits über Bits` auffassen, weil es Auskunft darüber gibt, wann eine bestimmte Sendung anfängt bzw. aufhört. Viel besser wäre es, wenn man Bits hätte, die Auskunft über den Inhalt der Sendungen geben würden. Dann könnte man Sendungen nur aufgrund ihres Inhaltes aufnehmen, nicht aufgrund von Zeit und Kanal. Leider sind Fernseher jedoch dumm (im Moment geht es noch nicht mal um den In-halt...). Ein Fernseher nimmt einfach alle Informationen, die ein Sender ausstrahlt und stellt sie dar. Der Empfänger hat keinerlei Intelligenz. In Zukunft wird es Videorecorder geben, die aufgrund der Informations-Bits entscheiden werden, was sie aufnehmen, weil es ihren Benutzer interessieren könnte. Weiß der Video zum Beispiel, daß Dokumentar-filme über die Wüste Gobi bei seinem Besitzer immer auf Interesse stoßen, dann nimmt er alle Sendungen über die Wüste Gobi auf. Negroponte berichtet [1], daß er frühen ei-nen - seiner Vorstellung nach - perfekten Videorecorder besaß. Dieser konnte Sprache verstehen, nahm sogar selbständig Sendungen für ihn auf und gab abends, wenn Negroponte heimkam, immer bekannt, was er heute aufgenommen hat. Als sein Sohn dann auswärts studierte, hat er diesen perfekten Video verloren und seitdem nie wieder mit dem eigentlichen Videorecorder etwas aufgenommen.
`Bits über Bits` sind auch für die Werbung von großem Interesse. Sucht man zum Beispiel nach einem neuen Auto, so kann man sich eine Woche lang alle Werbesendungen von Autoherstellern aufnehmen lassen. Zusätzlich könnte lokale Werbung hinzugefügt wer-den, zum Beispiel die Adresse eines lokalen VW-Händlers. Diese Werbung könnte in ei-nem speziellen Kanal gesendet werden, der im Gegensatz zu heutigen Werbekanälen endlich Sachen anbieten könnte, die von Interesse sind.
Bei Zeitungen gibt es schon lange `Bits über Bits`. Dies sind die Schlagzeilen. Im Gegen-satz zum Fernsehen besitzt der Empfänger jedoch Intelligenz. Deshalb hat jeder Leser, obwohl er genau dieselben Informationen bekommt wie alle anderen, ein eigenes Le-se-Erlebnis. Er überfliegt die Überschriften (Bits über Bits) und liest dann nur das, was für ihn interessant zu sein scheint. Jeder Leser macht also seine eigene persönliche Le-se-Erfahrung; er wertet die Informationen, die ihm angeboten werden, individuell aus. Beim Fernsehen kann jeder einzelne nur den Sender wechseln und die Bits über Bits bekommt man in Form von Programm-Zeitschriften oder immerhin schon in Form von Videotext geliefert.



2. Interface

Die Entwicklung der Computer schreitet so rasch voran, daß wir eigentlich genügend Rechenzeit haben, um mehr davon für das Benutzer-Interface zu reservieren. Negroponte schreibt [1], daß gerade dies früher als Verschwendung angesehen wurde, weil sich der Computer um das Problem kümmern soll, und nicht um den Menschen, der ihn be-dient. In den frühen siebziger Jahren gab es eine handvoll Veröffentlichungen, warum Schwarz-Weiß-Bildschirme besser sind als Farb-Bildschirme. Die Forschungsgruppe woll-te jedoch nur ihre Unfähigkeit, ein gutes Interface zu vernünftigen Kosten zu liefern, ver-teidigen. Dabei hat das Interface-Design zwischen Mensch und Maschine eine große Be-deutung. Dies zeigt ein einfaches Beispiel: Jeder kennt den Frust, der entsteht, wenn man auf einen Knopf, zum Beispiel im Aufzug oder an der Fußgängerampel, drückt und es passiert nichts. Vielleicht weil die Glühbirne kaputt ist, die nach drücken aufleuchten soll. Was ist los? Hat der Aufzug meinen Wunsch registriert?
Das Interface zwischen Mensch und Computer ist heutzutage sehr schlecht. Man muß sich nur in die Lage des Computers versetzen. Er kann den Menschen nicht sehen, nicht hören, er merkt nur, daß jemand an der Tastatur tippt. Könnte er sehen und hören, sei-nen Benutzer erkennen, so könnte er seine Arbeit sicher viel besser leisten als das heute der Fall ist.



2.1 Eingabegeräte

Das Interface zu heutigen Computern besteht so gut wie immer nur aus Tastatur, Maus und Bildschirm. Die Bedienung ist dadurch reichlich kompliziert. Um eine Eingabe mit der Maus zu machen benötigt man vier Schritte. Man muß zuerst mit der Hand die Maus finden, dann mit der Maus wackeln, um den Cursor zu finden, dann bewegt man den Cursor an die richtige Stelle, um zu guter Letzt einen Klick oder Doppel-Klick aus-zuführen. Wäre es nicht viel einfacher, direkt mit dem Finger auf den Bildschirm zu klicken? Man muß seinen Finger nicht finden, nicht damit wackeln, um zu sehen wo er ist, man berührt einfach den Bildschirm dort, wo man klicken will. Außerdem haben wir gleich zehn davon! Es gibt inzwischen schon sogenannte Touch-Screens an Automaten. Warum am Computer nicht? Negroponte nennt [1] drei Gründe, die immer wieder vor-gebracht werden und eigentlich keine Gründe sind : Erstens verdeckt man mit dem Fin-ger das, auf was man zeigen will. Das stimmt sicher, aber das passiert auch bei Papier und Bleistift und trotzdem schreiben wir alle von Hand. Zweitens hat der Finger eine schlechte Genauigkeit. Das ist ebenfalls falsch. Sobald man den Bildschirm berührt, könnte ein Cursor erscheinen, den man dann exakt plazieren kann. Und drittens ver-dreckt der Finger den Bildschirm. Aber gleichzeitig reinigt der Finger ihn auch, je nach-dem wie dreckig oder sauber der Finger im Verhältnis zum Bildschirm ist!
Der eigentliche Grund, warum wir den Finger nicht als Eingabegerät benutzen ist wohl der, daß es noch keine Technologie gibt, die die Nähe eines Fingers registriert. Wir kön-nen Finger nur registrieren, wenn sie den Bildschirm berühren, nicht wenn sie sich nahe vor dem Bildschirm befinden. Das Erkennen des Fingers, sobald er in die Nähe des Bild-schirms gelangt, würde die Eingabe um vieles erleichtern, weil sobald der Finger sich na-he am Bildschirm befindet ein Cursor auftauchen und erst bei Berührung geklickt wer-den könnte.



2.2 Gegenwartserkennung

Eine weiterer Schritt in Richtung eines besseren Interfaces, meint Negroponte [1], wäre die Gegenwart eines Benutzers zu registrieren. Automatische Türen und Beleuchtungen sind durch ihre einfachen Bewegungsmelder viel sensibler als Computer und eine mo-derne Auto-Focus-Kamera hat mehr Ahnung davon, was sich vor ihr befindet als jeder PC. Sobald man keine Eingaben per Tastatur oder Maus macht, hat der Computer keine Ahnung, woran dies liegt. Er weiß nicht, ob noch jemand in der Nähe ist, ob sein Benut-zer gerade mit jemand anderem spricht, oder ob er vielleicht zum Mittagessen gegangen ist. Wenn Computer sprechen lernen ohne Gegenwartserkennung zu besitzen , werden sie oft ins leere reden, weil ihr Gesprächspartner gegangen oder gerade abgelenkt ist.Eine weitere wichtige Fähigkeit, die Computer lernen müssen, ist das Sehen. Ohne Se-hen zu können, werden sie den Benutzer niemals verstehen. Fragen wie `Was ist das?`, `Wer ist Sie?` oder `Wie komme ich dahin?` kann der Computer ohne zusätzliche Infor-mationen nicht verstehen. Er muß entweder nachfragen oder wissen, wohin sein Benut-zer gerade schaut. Normalerweise werden Augen nicht als Ausgabe-Geräte bezeichnet, obwohl wir sie dauernd dafür benutzen. Das Problem dabei ist, daß man das Erkennen, wohin ein anderer Mensch gerade schaut, wohl am besten mit Magie beschreiben kann, meint Negroponte. Nehmen wir an, jemand schaut Sie aus fünf Meter Entfernung an. Sie können sofort sagen, ob er Ihnen in die Augen schaut, oder ob er über Ihre Schulter schaut. Das ist Magie, oder? Hierbei läuft sicher keine exakte mathematische Berechnung ab. Eigentlich haben die Forscher im Moment noch keine Ahnung, wie diese Magie funktioniert.Es existieren verschiedene Technologien, die die Richtung der Augen bestimmen. In ei-nem Experiment wurde folgendes gemacht: Auf dem Bildschirm stand ein Englischer Text. Der Computer berechnete mit einem am Kopf montierten Gerät (Eye Tracker), wo-hin die Person schaute und übersetzte an dieser Stelle das entsprechende Wort ins Fran-zösische. Die Person mit dem Eye Tracker sah nur französischen Text, während ein Zu-schauer fast nur englischen Text sah.Ein weiteres Beispiel, bei dem die Vorteile der Gegenwartserkennung sichtbar werden, ist ein einfacher Türknopf. Wäre es nicht schön, wenn der Türknopf Sie kommen sieht und automatisch die Türe öffnet? Kein Fummeln nach dem Schlüssel mehr, kein Abstellen der Einkaufstüten, um die Türe zu öffnen. Natürlich kann in diesem Fall nicht der Tür-knopf die ganze Arbeit übernehmen. Im Türknopf wird nur ein Visuelles System einge-baut sein und die eigentliche Arbeit wird ein zentraler Computer übernehmen. Es ist so-mit wichtig, daß der Türknopf mit dem Rechner verbunden ist, genauso wie der Toaster oder der Kühlschrank. Es wäre unnötig, wenn jedes Gerät für sich Bilder und Sprache verarbeiten könnte.



2.3 Spracherkennung

Für viele Menschen wäre die Arbeit mit Computern viel leichter, wenn sie mit dem Computer sprechen könnten. Daß Computer noch keine Sprache verstehen können, liegt nicht an der fehlenden Technologie. Ein Computer kann heute problemlos seinen Benutzer verstehen, wenn er auf ihn trainiert ist. Alle möchten jedoch, daß ihr Computer jeden versteht, obwohl wir hier von PCs sprechen, die, wie der Name schon nahelegt, meist nur einer einzelnen Person dienen. Probleme, mit denen Computer wirklich noch zu kämpfen haben, liegen ganz woanders. Wenn wir sprechen, liegt die wichtigste Aussa-ge oft nicht in den Worten selbst, sondern in der Art, wie wir etwas sagen, im Tonfall. Hunde zum Beispiel können uns nicht verstehen, sie reagieren fast nur auf unseren Ton-fall. Je nach Betonung kann ein und dasselbe Wort einen ganz anderen Sinn bekommen. Das macht Sprache ja so interessant.Ein weiterer Aspekt unserer Kommunikation ist unsere Mimik. Wir drücken oft Gefühle damit aus. An der Universität in San Diego [3] wird zur Zeit ein Gefühls-Computer ent-wickelt. Dieser Computer erkennt über eine Kamera, die das Gesicht und somit die Mi-mik des Benutzers filmt, menschliche Emotionen wie Freude, Angst und Erstaunen. Dies funktioniert mit Hilfe eines neuronalen Netzes und einer Mimik-Datenbank, die 105 Vergleichsmerkmale speichert. Das neuronale Netz wird mit Fotos und Videofilmen trai-niert. Es erkennt anhand von Mund-Augenpartien sechs Gefühle mit einer Wahrschein-lichkeit von 86 Prozent. Ein Mensch kann nicht präziser zwischen Ärger und Abscheu entscheiden. Eine praktische Anwendung wäre die, daß ein PC erkennt, daß sein Benut-zer verärgert ist und ihm sogleich seine Hilfe anbietet. Oder als Aufmerksamkeitskon- trolle für Fahrer und Fluglotsen.
Computer werden in Zukunft intelligenter werden, aber ihr Vermögen, Sprache zu erken-nen, wird von drei wesentlichen Faktoren abhängen: der Größe ihres Vokabulars, dem Grad der Unabhängigkeit vom Sprecher und dem Identifizieren von einzelnen Worten, die in einem Fluß gesprochen werden. Bei den heutigen Systemen ist das Vokabular meist sehr beschränkt, die Systeme sind hochgradig vom Sprecher abhängig und man muß Pausen zwischen den einzelnen Wörtern machen. Jeder dieser Faktoren treibt die benötigte Rechenzeit für Spracherkennung in die Höhe. Kann ein System nur wenige Wörter erkennen (geringes Vokabular), so läuft die Erkennung dieser Wörter viel schnel-ler ab, als bei einem sehr umfangreichen Vokabular. Ist der Sprecher bekannt, ist das Problem viel einfacher. Und muß man zwischen Wörtern Pausen machen, fällt die dritte Dimension einfach weg.. Wenn man sich diese drei Faktoren als dreidimensionales Koordinatensystem vorstellt, so sieht man, daß sich Spracherkennungs-Systeme im Mo-ment noch sehr nahe am Koordinatenursprung befinden. Je weiter man sich auf einer Achse nach aussen bewegt, desto aufwendiger wird das Problem. Aber müssen wir uns erst auf allen Achsen ganz nach aussen begeben, um aus der Spracherkennung nutzen zu ziehen? Auf keine Fall. Der Computer muß, je nachdem, was wir gerade tun, nur relativ wenige Wörter erkennen können. Wenn Sie einen Urlaub planen, braucht der Computer nicht Bananen und Äpfel zu unterscheiden, sondern Rom und Athen. Die Achse der Ab-hängigkeit vom Sprecher könnte man total vernachlässigen, wenn man diese Abhängig-keit möglichst weit in Richtung Sprecher verlagert. Das heißt in dessen persönlichen PC, dessen Terminal oder in einen persönlichen Sprach-Erkennungs-Chip, den jeder Benut-zer mit sich führt und der auf den Benutzer trainiert ist. Bei einem Gespräch mit einem fremden Computer, muß dann der persönliche PC des Sprechenden oder dessen Sprach-Chip die Spracherkennung übernehmen. Die dritte Achse stellt jedoch eine rich-tige Herausforderung dar. Diese Hürde könnte man vielleicht nehmen, indem man nicht einzelne Wörter erkennt, sondern zusammenhängende Teile der Sprache. In diesem Be-reich müßte man seinen PC zuerst trainieren. Aber was ist der Aufwand des Trainings im Vergleich dazu, daß man dann mit seinem PC sprechen kann.



2.4 Der Mensch als Netzwerk

Negroponte meint [5], daß in Zukunft alle möglichen Gegenstände, die wir am Leibe tra-gen, mit Computern ausgestattet sein werden. Zum Beispiel Armbanduhren und Schuhe. Damit diese Gegenstände miteinander kommunizieren können, wird der Körper des Menschen, der sie trägt, als Netzwerk dienen. Die Mitarbeiter des Media Labs haben schon Übertragungsraten durch den Körper von 100.000 Bits pro Sekunde erreicht. Der Körper selbst wird hier als Übertragungsmedium benutzt. Dies geschieht über Strom-schläge. Diese liegen jedoch im Bereich von Nano-Amperes. Diese Beträge sind wesent-lich kleiner, als diejenigen, denen man sich aussetzt, wenn man mit einem Walkman Mu-sik hört. Es wird also total ungefährlich sein.Über das Körper-Netzwerk können dann Schuhe mit der Armbanduhr, die zum Beispiel den Puls mißt, Daten austauschen. Den Schuhen kommt hierbei noch eine ganz beson-dere Bedeutung bei. Wenn wir gehen oder rennen erzeugen wir viel Energie, von der wir einen Großteil verschwenden, weil wir sie in den Boden stampfen. In den Schuhen kann man Energie erzeugen, die den Computer versorgen kann.Desweiteren können zwei Menschen über direkten Körperkontakt Daten austauschen. Dies kann schon bei einem normalen Händeschütteln passieren. Man muß also keine Visitenkarten mehr austauschen, das kann das Körper-Netzwerk erledigen. Stellen Sie sich vor, Sie schütteln auf einer Party hunderten von Leuten die Hand und später, wenn Sie daheim sind, können Sie sich alle Informationen geben lassen, die Ihre Computer beim Händeschütteln ausgetauscht haben.



2.5 Wallet PCs - Brieftaschen PCs

Mit zunehmender Mobilität der Menschen wurde der Arbeitsplatz ebenfalls mobiler. Schon vor zweihundert Jahren führten viele Reisende ein sogenanntes Schoßpult (lap desk) mit sich. Dies war ein aufklappbares Schreibbrett mit einer Schublade für Feder-halter und Tinte. Genau wie Laptops und Notebooks heute, nimmt es zusammen-geklappt wenig Platz ein und bietet geöffnet eine große Schreib- bzw. Arbeitsfläche an.Heutzutage sind Notebooks die kleinsten echten Computer, doch Bill Gates [2] ist davon überzeugt, daß die Zukunft sogenannten Wallet PCs gehört. Darunter muß man sich taschenrechnergroße Computer mit Bildschirmen in Photogröße vorstellen.
Wallet PCs werden Schlüssel, Ausweis, Geld, Kreditkarten, Adreßbuch, Terminkalender, Kamera, Handy, Pager, Konzertkarten, Stadtpläne und vieles mehr ersetzen. Ein Wallet PC wird ein Allround-Talent sein. Je nach Ausführung wird er mehr oder weniger zu bie-ten haben. Das Top-Modell wird ein allumfassendes Informationsgerät sein. Es wird Faxe entgegennehmen und verschicken und Wetter- und Börsenberichte aufzeichnen können.
Der Wallet PC wird das Papiergeld ersetzen, denn als moderne Brieftasche wird er fälschungssicheres Digitalgeld enthalten. Natürlich wird sich die Kriminalität schnell dem Digitalgeld zuwenden, wenn man Papiergeld und Kreditkarten aus dem Verkehr zieht. Deshalb wird man Sicherheitsvorkehrungen entwickeln müssen, die verhindern, daß Wallet PCs von fremden Personen benutzt werden können. Der Wallet PC wird vor jeder wichtigen Transaktion ihre Identität überprüfen. Auf welche Weise das geschehen wird, muß die Zukunft zeigen. Wahrscheinlich wird es kein Paßwort-System sein, sondern eher irgendein biometrisches System. Bei biometrischen Sicherheitssystemen wird ein körperliches Merkmal aufgezeichnet. Zum Beispiel das Stimmprofil, ein Fingerabdruck oder Gesichtsmerkmale und Proportionen.
Einen Wallet PC wird man über die Satelliten des Global Positioning System (GPS) je-derzeit finden können, genauso wie Ihnen Ihr Wallet PC jederzeit genau sagen kann, wo Sie sich befinden. Er wird Sie zum Flughafen dirigieren, oder einfach nach Hause. Sie fragen ihn zum Beispiel nach dem nächsten Restaurant und Ihr Wallet PC wird Sie hin-bringen.
Der Wallet PC wird auch die Schnittstelle zum Information Highway für viele sein. Statt zu einer Telefonzelle wird man sich auf den Weg zu einer Datenzelle, die Zugang zum Information Highway gewährt, machen. Bestimmt kann das Top-Modell des Wallet PCs auch per Funk in Verbindung mit dem Information Highway treten.



3. Digitales Leben

Die größte Bedeutung im Digitalen Leben kommt dem Information Highway zu. Er soll die ganze Welt miteinander verbinden. Die Bezeichnung Information Highway kommt aus Amerika. Dort vergleicht man die Vernetzung aller Computer untereinander mit ei-nem früheren Projekt: der Schaffung des Netzes der Highways (Schnellstraßen) in Ameri-ka, welches in der Eisenhower-Ära begann. Deshalb wurde das neue Netz Information Highway getauft.Wie schon der Vorläufer das Internet, wird auch der Information Highway jedem seiner Benutzer viele neue Möglichkeiten bieten.



3.1 Bandbreite

Die meisten Leitungen, die heutzutage benutzt werden, bestehen aus Kupferkabeln. Die Zukunft gehört sicher dem Glasfaserkabel, doch werden die Fähigkeiten des Kupfer-kabels nur zu oft unterschätzt, meint Negroponte [1]. Mit Bandbreite bezeichnet man die Übertragungsleistung einer Verbindung zwischen zwei Rechnern. Die meisten Leute den-ken dabei an den Durchmesser eines Rohres oder an die Anzahl der Spuren auf einer Autobahn. Solch ein Vergleich läßt jedoch einige kleine Unterschiede unbedacht. So kann man je nach Zusammensetzung des Signals über ein und dieselbe Verbindung mehr oder weniger Bits pro Sekunde übertragen. Moderne Modems haben Übertragungsraten von 38.400 Bits pro Sekunde. Die maximal erreichbare Übertragungskapazität eines Kupferkabels liegt sicher noch um einen Faktor 100 höher. Bei Glasfaserkabeln ist die Kapazität nahezu unbegrenzt. Man weiß tatsächlich nicht, wie viele Bits pro Sekunde über ein Glasfaserkabel ausgetauscht werden können. Forschun-gen erlauben die Vermutung, daß man wohl in der Lage sein wird etwa 1000 Milliarden Bits pro Sekunde übertragen zu können. Das bedeutet, daß man über ein Glasfaserkabel mit der Dicke eines menschlichen Haars in weniger als einer Sekunde alle bisher er-schienenen Ausgaben des Wall Street Journal übertragen kann. Bei solch einer gigantischen Bandbreite könnte man eine Million Fernsehkanäle gleichzeitig aussenden, ein Glasfaserkabel wäre somit etwa 200.000 mal schneller als ein Kupferkabel. Wenn man sich nun vorstellt, daß man mehrere Glasfaserkabel auch bündeln könnte...Ein weiteres wichtiges Übertragungsmedium ist der "Äther". Hier hat man das große Pro-blem, daß sich Signale gegenseitig stören können. Die Übertragungsraten sind deshalb begrenzt. Heute kann man noch nicht sagen, was für Tricks man sich einfallen lassen muß, um die Bandbreite im Äther zu erhöhen. Sie wird jedoch im Vergleich zu Glasfaser immer sehr gering bleiben. Deshalb wird in Zukunft der Äther für die Kommunikation mit Dingen, die keinen festen Standort haben, freigehalten werden müssen - Flugzeuge, Boote, Autos, Lap Tops und Handys.



3.2 Elektronische Dokumente

In Zukunft werden viele digitale Dokumente gedruckte ersetzen, einfach deshalb, weil diese neue und bessere Dienste leisten können. Im Moment haben digitale Dokumente noch den Nachteil, daß man immer einen Computer benötigt, um sie zu lesen. Dieser Nachteil wird wegfallen, wenn man sowieso immer einen Computer - zum Beispiel sei-nen Wallet PC - bei sich hat.Der Vorteil der Elektronischen Dokumente wird sein, daß sie jeder anbieten kann. Um ein Buch zu veröffentlichen benötigt man immer noch einen Verlag, der sich um Druck und Vertrieb kümmert. Bei elektronischen Büchern braucht man keinen Druck und Ver-trieb mehr. Jeder kann Romane, Gedichte oder einfach nur Unsinn veröffentlichen. Das eröffnet eine ganz neue Weise der Meinungsfreiheit. Soll es hier so etwas wie Zensur ge-ben? Sicherlich wird man nicht alles öffentlich anbieten dürfen, so wie das schon heute der Fall ist, aber jeder hat prinzipiell die Möglichkeit, seine Gedanken in der ganzen Welt anzubieten.



3.3 Virtuelle Orte

Im digitalen Leben wird es laut Negroponte [1] nicht mehr wichtig sein, an welchem Ort man sich befindet. Man wird mitten in der Stadt aus dem (digitalen) Fenster seines Bü-ros auf die (digitalen) Alpen schauen können, man wird die (digitalen) Kuhglocken bimmeln hören und vielleicht sogar den (digitalen) Duft der Landschaft riechen. Wo ist mein Arbeitsplatz nun eigentlich? Genauso werden viele von zu Hause aus ihre Arbeit erledigen anstatt ihre Materie in die Stadt zum Arbeitsplatz zu fahren. Zu Besprechungen wird man vielleicht persönlich erscheinen, oder man erledigt dies in einer Vi-deo-Konferenz. Viele Tätigkeiten sind im Grunde unabhängig von Ort und Zeit und wer-den sich deshalb in naher Zukunft von geographischen Bedingungen lösen.Länder wie Japan werden damit erhebliche Probleme haben, weil die einheimische Kul-tur diese Entwicklung bremsen wird. In Japan will man stets im Dunkeln von der Arbeit nach Hause gehen, wobei die Arbeiter immer versuchen, nach ihrem Chef zu gehen und natürlich morgens vor ihm zu kommen. Wohl einer der Hauptgründe, warum Japan die Sommerzeit nicht übernimmt.Durch die Verbindung über den Information Highway kann ein Arzt aus Deutschland oder Amerika in Zukunft einen Patienten in Alaska operieren, ohne daß er seinen Ar-beitsplatz verlassen muß. Der Arzt muß sich nicht mehr zusammen mit seinem Patienten in einem Operationssaal einfinden. Dadurch wird jedes Krankenhaus auf der ganzen Welt jeden Spezialisten besitzen.
Heute schon kennen wir oft nur virtuelle Adressen von Menschen, nämlich deren E-Mail-Adresse. Wo diese Adresse sich befindet, das heißt, wo sich der Server befindet, auf dem die Nachrichten gespeichert werden, spielt keine Rolle, genauso wie der Zeit-punkt, zu dem die Nachrichten gelesen werden. Diese Unabhängigkeit von der Zeit führt zu einer asynchronen Kommunikation, wie das schon länger bei Anrufbeantwortern der Fall ist. Ein Telefongespräch dagegen ist synchron, weil beide Partner zur gleichen Zeit da sein müssen. Sie müssen sich synchronisieren. Der Vorteil einer asynchronen Kom-munikation liegt darin, daß sie nicht störend wirkt, wie das so oft beim Telefon der Fall ist. Bei E-Mail kann jeder selbst entscheiden, wann er sie lesen will. Ein weiterer Vorteil ist die digitale Form der E-Mail. Interface-Assistenten werden in Zukunft Nachrichten nach Prioritäten ordnen und bestimmte Nachrichten, zum Beispiel die einer Person, mit der man nichts mehr zu tun haben möchte, automatisch vernichten. In Zukunft wird si-cher eine Flut von Werbungen in Form von E-Mail auf uns einbrechen. Einige dieser Werbe-Mails werden für die Empfänger interessant sein, aber bei den meisten wäre es sicherlich schön, wenn man sie nie zu Gesicht bekommt.
Bill Gates geht noch etwas weiter [2]. Er ist der Meinung, daß es sogar Werbung geben wird, bei der man für das Lesen der Werbung Geld bekommt. Dadurch werden Firmen verhindern, daß ihre Werbung gar nicht gelesen wird. Natürlich werden die Firmen dann nur ganz kleine Zielgruppen mit dieser Werbung ansprechen. Genauso könnte es mit öffentlichen Mails sein. Um auf eine Mail aufmerksam zu machen, versieht man sie mit elektronischem Geld. Das wird den Empfänger dazu bewegen, die Mail zu lesen. Ist die Mail von jemandem, der sich nur wichtig machen wollte, so freut man sich über das Geld, ist sie jedoch von einem alten Freund, so wird man ihm das Geld wiedergeben oder erlassen können.



3.4 Fernsehen der Zukunft

Im Bereich des gemütlichen Abends daheim vor dem Fernseher wird sich in Zukunft ei-niges verändern. Unsere Fernseher werden uns bessere Bilder und besseren Sound lie-fern, aber das ist nicht die eigentliche große Veränderung. In der Vergangenheit wurde viel zu oft über Auflösung, Bildfrequenz, Bildseitenverhältnis und Zeilensprung geredet, anstatt diese Größen als Variablen aufzufassen. Computer-Monitore können sich doch verschiedenen Auflösungen anpassen, warum soll ein Fernseher das nicht können? Da wird lieber über Standards für HD-TV (High Definition Television) diskutiert, anstatt eine offene flexible Architektur zu entwickeln.
Zurück zum gemütlichen Abend. Wir werden uns abends hinsetzen und uns in einer gro-ßen Online-Bibliothek, der modernen Videothek, über Filme informieren. Haben wir ei-nen gefunden, der uns gefällt, dann können wir uns den Film auf Knopfdruck anschau-en. Gefällt uns ein Schauspieler oder eine Schauspielerin im Film besonders gut, möch-ten wir vielleicht mehr über ihn oder sie erfahren. Kein Problem, wir klicken einfach auf den/die Schauspieler/in und schon erhalten wir alle möglichen Informationen. Andere Filme, in denen er/sie mitgewirkt hat, einen Lebenslauf, Oscar-Auszeichnungen und vie-les mehr.Entscheiden wir uns dagegen abends doch lieber eine Fernseh-Show anzusehen, so wird es möglich sein, interaktiv mitzumachen. Der Information Highway erlaubt nämlich Datenaustausch in beiden Richtungen. Man wird über den Verlauf der Show abstimmen und direkt daran teilnehmen können. Mit etwas Glück darf man vielleicht sogar Fragen an den Gast-Star stellen. Das wird eine ganz neue Art der Unterhaltung werden.Der traditionelle PC und der Fernseher werden in Zukunft miteinander verschmelzen. So wird man über den Information Highway auch an Mehrspieler-Spielen teilnehmen und sich an Echtzeit-Diskussionen beteiligen können. Vieles davon sieht man im Internet schon im kleinen. Dies wird in Zukunft alles unser Fernseher daheim leisten können. Ein Multi-Funktions-Gerät, eine Tür zum Information Highway.
Microsoft bietet über die Firma WebTV in Amerika bereits eine Konsole an, die sowohl mit dem Fernseher, als auch mit der Telefonbuchse verbunden wird. Dies erlaubt das Surfen mit dem Fernseher. WebTV ist bisher jedoch kein Erfolg (bisher nur etwa 50 000 verkaufte Konsolen in den USA), was daran liegen soll, daß es noch kaum interaktive, TV-ähnliche Angebote gibt. Microsoft bemüht sich über seinen TV/Internet-Sender MSNBC neue Online-Angebote in dieser Richtung zu entwickeln. Vielleicht entsteht hierbei das Fernsehen der Zukunft.
Zur Zeit hat das Internet, besonders das World Wide Web (WWW), erhebliche Probleme. Mit der zunehmender Rechneranzahl - seit dem Jahr 1989 gab es jährlich eine Verdopp-lung der Rechner im Internet und im Januar 1996 waren etwa 9,5 Millionen Rechner im Internet - konnte die Netzwerk-Technik nicht mithalten. Eine GVU-Untersuchung zu Surf-Problemen im Januar 1996 unter 12.000 Befragten in USA und Europa ergab, daß 81 Prozent der Befragten die Geschwindigkeit des Netzes bemängeln. Weiterhin wurden die Strukturierung der Information (33,6 %), Informationen zu finden (32,4 %) und Sei-ten wiederzufinden (13,3 %) angegeben. Da stellt sich die Frage, auf welche Art die mei-sten Benutzer das Internet überhaupt nutzen. Eine Studie ergab, daß inzwischen 50 Pro-zent der regelmäßigen Nutzer nicht mehr surfen, sondern nur noch ihre Stammseiten besuchen. Wie soll man sich in solch einer Unmenge an Informations-Müll auch zu-rechtfinden? Bei 150 Millionen (und täglich werden es mehr) Web-Seiten kein Wunder. Bis zur Jahrhundertwende werden es nach Schätzungen etwa eine Milliarde Seiten sein. Man kann sich vorstellen, daß die wirklich interessanten Dinge wie die Nadel im Heu-haufen zu finden sind. Wie soll man schnell und zuverlässig gute Informationen finden können? Die Suchmaschinen liefern zu Stichwörtern viel zu viele Antworten und viele Links führen ins Leere.Wäre es nicht viel einfacher, wenn die Informationen zum Benutzer kommen, wie das beim Fernsehen so wunderbar funktioniert? Auf dieser Idee beruht das sogenannte Webcasting [4], dem Online-Fernsehen aus dem Internet. Man installiert sich Empfän-ger-Software und sucht sich damit Wunschkanäle heraus, zum Beispiel Börsenkurse oder Nachrichten. Das somit erstellte Benutzerprofil wird an den Online-Sender geschickt, der den Benutzer dann zu festgelegten Zeiten mit neuen Informationen beliefert. Das Such-Problem wird zentralisiert. Eine Firma sucht für viele Kunden nach neuen und in-teressanten Informationen. Mit Online-Fernsehen wurden 1996 schon 10 Millionen Dol-lar Umsatz gemacht und man erwartet bis zum Jahr 2000 einen Umsatz von 5,7 Milliar-den Dollar.



3.5 Schule der Zukunft

Im Media Lab wurde 1989 ein Programm namens LEGO-Logo [6] vorgestellt. LEGO-Logo verbindet die populären LEGO-Bausteine mit der Programmiersprache Logo. Kinder können mit LEGO-Logo Maschinen zusammenbauen und dabei nicht nur die normalen Bausteine benutzen, sondern auch spezielle neue Bausteine wie Getriebe, Motoren und Sensoren. Um die neuen Bausteine anzusprechen, werden die Maschinen mit dem Computer verbunden und die Kinder schreiben Programme zur Steuerung. Das Kind kann zum Beispiel ein Haus mit Licht bauen, welches zu bestimmten Zeiten an- und ausgeschaltet wird. Oder das Tor der Garage öffnet sich, wann immer ein Auto vor-beikommt. Kinder haben unter anderen schon eine Maschine gebaut, die LEGO-Bausteine nach ihrer Länge sortiert.Am Ende des Programms im Media Lab konnten die Kindern ihre Projekte einer großen Gruppe von Vertretern der Firma LEGO, Wissenschaftlern und der Presse vorstellen. Unter anderem wurde den Kindern die Frage gestellt, ob das nicht ein riesiger Spaß ge-wesen ist. Natürlich wollte die Reporterin etwas wie `Es war toll!` hören. Ein achtjähriges Kind antwortete nach dreimaligem wiederholen der Frage endlich mit: `Ja, wir hatten Spaß, aber einen verdammt anstrengenden.`.Es ist schon seltsam, daß jedes Kind ohne Probleme seine Muttersprache lernt. Im Alter verlieren wir diese Fähigkeit des leichten Lernens, aber als Kind haben wir sie ohne Zweifel besessen. Seymour Papert, ein Experte für Anstrengenden Spaß (Hard Fun) im Media Lab, schlägt vor, daß wir Computer in die Erziehung einbinden. Da jedes Kind in Deutschland Deutsch, in Italien Italienisch und in Japan Japanisch lernt, könnte man im Matheland Mathematik lernen. Mit einer Computersimulation könnte man dieses Land erschaffen und die Kinder könnten darin auf spielerische Art komplizierte Funktions-prinzipien erforschen und erlernen. Der Computer kann die Kinder jeweils so fördern, wie es der einzelne nötig hat. Durch Computer könnte das learning by doing endlich zur Regel und nicht zur Ausnahme werden. Mit LEGO-Logo erlernen Kinder heute schon physikalische und logische Gesetze, die Kinder früher erst in der Abiturklasse gelernt ha-ben. Tests zeigen, daß dieser konstruktionistische Ansatz eine sehr erfolgreiche Lernhilfe darstellt und daß viele angeblich lernbehinderte Kinder in solch einer Umgebung förm-lich aufblühen.Der Information Highway bietet einen weiteren Vorteil, meint Gates [2]. Jedes Kind kann sich über den Highway alle Wissensgebiete erschließen, an denen es Interesse hat. Die Kinder der Zukunft werden mehr Informationen abrufen können, als heutzutage irgend-jemand zur Verfügung hat. Für Kinder sollten die Türen zu allen elektronischen Biblio-theken offenstehen. Dadurch wird kein Kind mehr aufgrund seiner Lern-Umgebung be-hindert. In den Schulen werden die Lehrer die Kinder individueller unterrichten und för-dern können. Die Technologie wird die Lehrer jedoch keineswegs überflüssig machen. Für die Lehrer wird der Information Highway jedoch von zentraler Bedeutung sein. So können Lehrer auf Stundenentwürfe und Material aus der ganzen Welt zugreifen.



3.6 Cyberheim

Im Bereich des trauten Heims haben wir noch keine großen Änderungen zu Gesicht be-kommen. Selbst im Raumschiff Enterprise gibt es nur ein paar elektronische Schiebetü-ren. In Zukunft werden die Gebäude mit neuartigen Steckerleisten ausgerüstet sein, über die alle Haushaltsgeräte miteinander kommunizieren werden.Negroponte sieht hier einige Veränderungen auf uns zukommen [1]. Im Moment können Geräte wie ein einfaches Thermometer zwar die Temperatur messen, sie können jedoch nicht sagen, ob es uns im Moment zu warm oder zu kalt ist. In Zukunft werden die Räu-me wissen, was wir tun und wo wir sind. Ob wir im Bett liegen, arbeiten oder frühstüc-ken. Und - das Schönste vielleicht - das Telefon wird nie klingeln. Ist niemand zu Hause, klingelt es nicht, weil eben niemand da ist. Ist jemand zu Hause, klingelt es nicht, weil der digitale Butler zuerst höflich nachfragen würde, ob das Gespräch angenommen wer-den soll. Weiß der Butler, daß wir im Bett liegen, wird er dem Anrufer Bescheid sagen und eventuell eine Nachricht in Empfang nehmen. Bei wichtigen Anrufen bzw. Anrufern wird er vielleicht wagen, uns zu wecken.Haushaltsroboter sind im Moment ziemlich in der Versenkung verschwunden. C3PO aus Star Wars würde doch einen perfekten Digitalen Butler abgeben. Oder wäre Ihnen ein stets deprimierter Roboter wie Marvin aus Per Anhalter durch die Galaxis lieber? Das In-teresse an Haushaltsrobotern wird auf jeden Fall steigen. Haushaltsroboter werden uns viel Arbeit abnehmen. Sachen tragen, Staub wischen, Essen kochen und wie ein blutrünstiger Hund bellen, um Einbrecher zu verscheuchen. Das sind keine neuen Ideen, aber bisher hat uns die Technik solche Roboter nicht bieten können.
Von der immer weiter steigenden Vernetzung aller Rechner werden viele Haushaltsgeräte profitieren. So kann Ihr Wecker morgens später klingeln, wenn er über das Netzwerk er-fahren hat, daß ihr Flug nach Frankfurt Verspätung haben wird. Das Taxi wird dann ebenfalls eine Stunde später bestellt, falls die Verkehrsvorhersage kein Chaos auf den Straßen meldet. Ein weiteres Beispiel: Das Haus kann automatisch einen Handwerker (einen Roboter?) bestellen, falls der Wasserhahn oder ein Haushaltsgerät kaputt ist.
Schon heute befinden sich in jedem Haushalt wahrscheinlich über hundert Mikroprozes-soren, die jedoch alle nicht miteinander vernetzt sind. Wenn die Geräte erst einmal un-tereinander verbunden sind, dann kann die Kaffeemaschine den Wecker fragen, wann Sie morgen aufstehen und der Toaster brennt Ihnen den Börsenschlußwert Ihrer Lieblingsaktie auf den Toast. Wenn die Geräte Sprache verstehen, wird die Bedienung auch endlich um vieles einfacher werden. Das Gerät kann selbst erklären, wie es funktio-niert und was es alles kann. Die Mikrowelle wird verhindern, daß Sie Ihren nassen Hund in Ihr aufwärmen. Sie werden nie mehr seitenlange sinnlose Bedienungs-Anleitungen mehr lesen müssen. Der Herd in Ihrer Küche könnte ebenfalls Ihr Lehrer und Ihr Koch-buch sein. Handbücher findet man sowieso nie, wenn man Sie braucht, deshalb muß das Gerät sich selbst erklären können.Damit nicht jedes Gerät Sie verstehen muß, wird ein zentraler Computer diese Aufgaben erledigen. Es wird eine Komponente in Ihrem Haus-Netzwerk geben, die Sprache er-kennt.
Außerhalb unseres Hauses wird sich ebenfalls einiges ändern. Schon heute übersteigen bei modernen Autos die Kosten für die Elektronik die Kosten des Stahls. Viele Autos be-sitzen schon zahlreiche Mikroprozessoren, die allerdings nicht überaus sinnvoll einge-setzt werden.Das Auto der Zukunft wird immer wissen, wo es sich befindet und das intelligente Auto-radio wird Ihnen sofort eine Umleitung vorschlagen, wenn es hört, daß vor Ihnen sich ein Stau zusammenbraut. Navigationssysteme für Autos gibt es bereits. In Deutschland geben die meisten akustisch durch, wohin Sie als nächstes fahren müssen. In Amerika wird dies nicht so schnell auf den Markt kommen, denn wenn Sie aufgrund einer fal-schen Angabe in eine Einbahnstraße einbiegen und einen Unfall bauen, haftet der Her-steller des Navigationssystems für den Schaden. In Europa denkt man in diesem Falle etwas aufgeklärter. In Zukunft werden Ihnen solche Systeme auch alle Sehenswürdigkei-ten einer Stadt zeigen und wenn Ihr Auto gestohlen wird, so wird es Sie anrufen und Ih-nen - vielleicht sogar ängstlich klingend - mitteilen, wo es sich befindet.



4. Nachteile des Digitalzeitalters

Da Nicholas Negroponte sich selbst als Optimist bezeichnet [1], ist es kein Wunder, daß er kaum auf die Nachteile des Digitalen Lebens eingeht. Immerhin erwähnt er zum Schluß des Buches einige Punkte.Negroponte geht davon aus, daß es zu großem Mißbrauch geistigen Eigentums und ei-nem Einbruch in unsere Privatsphäre kommen wird. Digitalvandalismus, Softwarepiraterie und Datendiebstahl werden wir genauso kennenlernen, wie auch den Abbau von Arbeitsplätzen zugunsten von vollautomatischen Systemen.Da die Welt immer mehr zum Weltmarkt wird, werden Arbeitnehmer aus der ganzen Welt miteinander konkurrieren. Den Zeitzonen wird eine wichtige Bedeutung zukom-men, denn bei vielen Firmen werden Menschen rund um die ganze Welt in verschiede-nen Schichten arbeiten und produzieren. Durch die Zeitzonen wird es möglich, daß jede Schicht am Tage arbeiten kann.Während dieses Wandels zu einer digitalen Welt, werden viele alte Arbeitsplätze verloren gehen und viele Menschen werden von der zukünftigen Arbeitswelt ausgeschlossen sein, oder sich zumindest ausgeschlossen fühlen.
Auch Bill Gates [2] sieht der Zukunft optimistisch entgegen. Zwar werden ganze Berufs- und Wirtschaftszweige von der Bildfläche verschwinden, meint Gates, dafür werden je-doch neue entstehen. Jedesmal, wenn ein Arbeitsplatz wegrationalisiert wird, entsteht irgendwo ein neuer Arbeitsplatz. Auf diese Weise wird stets mehr geleistet und der Lebenstandard aller steigt. Wirkliche Arbeitsplatzverluste gibt es nur dann, wenn die Wirtschaft allgemein in einer Krise steckt. Unsere Wirtschaft wird immer dynamischer, das heißt, daß sich die Berufsbilder immer schneller verändern. Während der industriel-len Revolution hat sich dieser Wandel viel langsamer vollzogen. In Zukunft wird die Aus-bildung immer wichtiger werden. Je besser das Schul- und Bildungssystem, desto bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz wird man haben.



5. Auswirkungen auf die Gesellschaft

Wie wird sich unsere Gesellschaft durch die neue Technologie verändern? Werden die Menschen nur noch daheim sitzen und jegliches Gefühl für den Umgang mit Mitmen-schen verlieren? Gerade weil man Verbindung mit der ganzen Welt hat, vergißt man viel-leicht seine Nachbarn und Freunde in der heimischen Umgebung. Sicher, man kann auch im Internet viele neue Bekanntschaften schließen, aber wieviele Freunde verliert man, indem man stundenlang am Computer sitzt und im Netz surft anstatt sich mit den Freunden zu treffen? Der Computer wird immer als Problemlöser dargestellt und sicher hat er geholfen viele Probleme zu lösen. Deshalb kann man sich den Computer auch nur schwer als Verursacher von Problemen vorstellen.
Wenn alles so kommt, wie Negroponte es sich vorstellt, dann werden viele von uns si-cher mehr Zeit zuhause am Computer verbringen. Man kann von daheim schließlich al-les erledigen. Arbeiten, sich mit Kollegen und Freunden per Videokonferenz oder im Cyberspace treffen, abends fernsehen und sich an Shows beteiligen, sich alle Dinge, die man zum Leben benötigt, per Internet bestellen. Was will man noch in der realen Welt da draußen? Sogar Arztbesuche können von zu Hause erledigt werden und die Medika-mente holt mir mein Haushaltsroboter von der automatischen Apotheke um die Ecke. Werden kommende Generationen das Interesse am wirklichen Leben verlieren? Heutzu-tage kann man sich das kaum vorstellen, aber wer kann schon voraussagen, wie sich die Gesellschaft ändern wird. Die Reale Welt könnte in Zukunft das Datennetz sein. Wir würden gleichzeitig die Umweltproblematik verringern. Der Straßenverkehr produziert am meisten Stickoxide und Kohlenmonoxid. Verringert sich unsere Mobilität durch die Vernetzung, so verringert sich gleichzeitig die Schadstoffproduktion.Ist das dann noch reales Leben? Ein Leben als Einsiedler in seiner einsamen Hütte mit einer elektronischen Türe zur Welt? Im kleinen kann man das heute bereits erleben. Man denke nur an Computer-Spiele. Damit kann man sich wirklich tagelang beschäftigen und alles um einen herum vergessen.
In Science Fiction Filmen und Büchern begegnen wir meist vielen interessanten Zukunfts-Szenarien, bei denen man sich immer fragt, wird es so kommen und wollen wir eine Entwicklung in diese Richtung überhaupt? Werden wir uns Chips implantieren las-sen, damit wir unsere Fähigkeiten, in welche Richtung auch immer, verbessern können? Wird es einen mathematischen Co-Prozessor für Menschen geben (damit Mathematik endlich Spaß macht) ?Im Kinofilm Strange Days zum Beispiel existiert folgende Technik. Man kann eigene Er-lebnisse komplett aufzeichnen und später immer wieder erleben. Das ist sozusagen die perfekte Fortsetzung der Video-Kamera. Mit komplett meine ich, daß alle Informationen, die das Gehirn verarbeitet, aufgezeichnet werden. Sehen, Hören, Gerüche und sogar Ge-fühle werden aufgezeichnet. Können wir Menschen solche Aufnahmen psychisch noch verkraften? Würden wir solche Technik benutzen? Ich denke es gibt immer Menschen, die auch die verrücktesten Sachen ausprobieren möchten. Wie wären wir sonst auf Bungee-Jumping oder ähnlich Verrücktes gekommen?
Neue Technik bringt immer neue Gefahren und Risiken mit sich. Im Moment drehen sich in den Medien viele aufgebauschte Skandale um das Internet, bei denen es um (Kinder-) Pornographie, Hetzkampagnen von Extremisten und andere Dinge geht. Man kann nicht leugnen, daß keine Kriminalität im Internet zu finden ist, diese macht aber nur einen minimalen Prozentsatz aus. Das Internet spiegelt inzwischen unsere Gesell-schaft ziemlich gut wieder, in der wir uns an solche Skandale fast schon gewöhnt haben. Bisher ist die Kriminalität in unserer Gesellschaft viel höher als im Internet. Sollen wir unsere Gesellschaft wegen zu hoher Kriminalität schließen? Nein, wir setzen Polizisten zur Verbrechensbekämpfung ein, genauso wird eine Internet-Polizei entstehen, die nach Verbrechen fahndet. Es gibt bereits in Deutschland Polizeidienststellen, die im Internet nach Straftätern Ausschau halten.
Desweiteren glaube und hoffe ich, daß wir Computern nie wichtige Entscheidungen überlassen werden. Computer sollten uns weiterhin lästige Routine-Arbeiten abnehmen. Aber - um auf ein Beispiel von Negroponte zurückzukommen - ich möchte mir von mei-nem Kühlschrank (bzw. Haus-Computer) nicht sagen lassen, wann ich Milch kaufen muß. Und wenn mein Kühlschrank zehnmal meinem Auto sagt, es soll am Supermarkt halten, ich werde nicht aussteigen und Milch kaufen. Ich möchte auch nicht, daß mir die Milch automatisch ins Haus geliefert wird. Der entscheidende Punkt ist doch der, daß ich selbst entscheiden will, ob ich weiterhin Milch trinken will oder doch lieber Kaffee. Und das wird auch der beste Computer nicht vorhersagen können. Und wenn er es doch kann, werde ich - trotzig wie ich bin - meine Milch nicht trinken! Ich will eigentlich nur klar machen, daß wir uns von Computern nicht bevormunden lassen dürfen. Es ist schön einen weisen persönlichen Ratgeber zu haben - das wußten schon die Könige in der Ver-gangenheit. Der Computer kann mir Lösungen anbieten und aufzeigen, mir behilflich sein wo er kann, er sollte jedoch mir die letztendliche Entscheidung überlassen. Anson-sten wird es eines Tages wirklich soweit kommen, daß wir, wie in dem Film War Games, nichts tun können, um einen Krieg zu verhindern, den Computer angezettelt haben (außer dem Computer Tic Tac Toe beizubringen...).



Literaturverzeichnis:


[1] Nicholas Negroponte, Being Digital, Coronet Books, 1995

[2] Bill Gates, Der Weg nach vorn : Die Zukunft der Informationsgesellschaft, Hoffman und Campe, 1995

[3] Computer News: Lächeln am einfühlsamen Computer, Focus 38 / 1996, Seite 170

[4] Ralf Gruber: Das Internet auf allen Kanälen, Focus 11 / 1997, Seiten 160-167

Informationen im WWW:

[5] Interview mit Nicholas Negroponte am 27.10.1995:
http://www.animatedsoftware.com/hightech/medialab.htm

[6] LEGO-Logo:
http://lcs.www.media.mit.edu/people/fredm/papers/nato/

Weitere interessante Links:

Media Lab:
http://www.media.mit.edu/MediaLab/

Digital Life: Bits, people and things in an interconnected world:
http://dl.www.media.mit.edu/dl/dl-es.html

MIT Media Lab Projekcts 1995: School of the future:
http://casr.www.media.mit.edu/groups/casr/papert.html

Das Buch Being Digital im Internet:
http://www.obs-europa.de/obs/english/books/nn/bdintro.htm

Kurze Biographie von Nicholas Negroponte:
http://nicholas.www.media.mit.edu/people/nicholas/

Last modified: 22/05/1997