Beim Frühstück stelle ich fest, dass ich trotz des Brückentag-Wochenendes der einzige Gast bin. Offenbar ist Anfang Mai noch keine Saison im Pinzgau. Als Ziel für heute abend ist St. Johann geplant, dazwischen liegt eine scheinbar anspruchslose Strecke mit dem Zeller See und zwei Wildbachklammen.
Im Oberpinzgau (bis Zell am See) zieht sich der Weg ohne viel Aufsehen durchs Tal. Er verläuft meistens auf asphaltierten Wirtschaftswegen, mal neben dem Fluss, mal weiter am Talrand, wobei dann auch kleinere Steigungen zu überwinden sind.
Vor Mittersill ist der Radweg noch grob geschottert, und als ich vorbeikomme, sind einige Baumaschinen dort am Gange und haben ihn weiter aufgerissen. In Mittersill selbst kaufe ich ein paar Dinge ein und werde dann ganz unerwartet von einem viertelstündigen Regenschauer überrascht. So ist Zeit, eine Postkarte zu schreiben.
Felberturm in Mittersill |
An die übrigen Orte habe ich keine besonderen Erinnerungen. Kaprun war mir bislang nur aus den Nachrichten bekannt, aus traurigem Anlass. Ein Stückweit nach Kaprun führt der Radweg weiter an der Salzach in Richtung Bruck, aber ich lege einen Abstecher nach Zell am See ein, wo ich gegen Mittag eintreffe.
Rindviecher |
Die Pinzgaubahn |
Burg Kaprun |
Für Einkäufe und eine flüchtige Stadtbesichtigung geht etwa eine halbe Stunde drauf, anschließend breche ich auf, um den Zeller See einmal zu umrunden. Diese (ausgeschilderte) Runde ist 11 km lang. Auf der Ostseite wird die Durchgangsstraße verwendet. Auf dieser herrscht nur wenig Verkehr, dafür gibt's auch keine Aussicht auf den See. Insgesamt ist der "Mehrwert" dieses Ausflugs eher gering.
Zell am See |
Stadtpfarrkirche |
Zeller See |
Der nächste Ort am Tauern-Radweg ist Bruck, Ausgangspunkt der Großglocknerstraße. Die täte mich zwar auch reizen, aber das muss auf eine andere Gelegenheit warten. Im Unterpinzgau, der bei Bruck beginnt, ändert sich der Charakter der Landschaft deutlich. Im Oberpinzgau war das Tal breit, hier ist es eng. Bis St. Johann ist mit zahlreichen meist kurzen, aber teils giftigen Steigungen zu rechnen. Zunächst geht es mal auf kleinen Nebenstraßen, mal auf Schotterwegen am rechten Ufer auf und ab. In Högmoos wechsle ich ans linke Ufer, um steigungsreiche Waldwege zu vermeiden. An der Brücke schneidet ein vor mir fahrender Mofafahrer die Kurve zu eng, kommt gegen den Bordstein und stürzt. Der Inhalt seiner Packtaschen verteilt sich über die Straße, aber er kommt mit dem Schrecken davon.
Ob die Bundesstraße auf dem linken Ufer ein Schrecken ist, sei dahingestellt. Auf den etwa zehn Kilometern um Taxenbach ist zwar nicht viel Autoverkehr, der aber ist sehr schnell unterwegs. Teilweise wird man auf Radwege verwiesen. Bei Taxenbach mache ich einen Abstecher zur Kitzlochklamm - am Ortsende geht es rechts bergab zur Salzach und auf der anderen Seite kurz und steil bergan zum Parkplatz. Beeindruckend an der Kitzlochklamm sind die schroffen, hohen Felswände. Der Durchgang ans obere Ende der Klamm ist so früh im Jahr noch gesperrt, der kurze Rundgang dauert aber auch eine ganze Stunde. Unter anderem gibt es die in den Fels gehauenen, kargen Behausungen von Einsiedlern und Bergleuten zu sehen.
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Zurück nach Taxenbach ist erstmal die steile Straße vom Fluss in den Ort zu überwinden (60 Hm). Dann geht es auf bzw. neben der Bundesstraße weiter, bis diese sich den Talhang hochschraubt und man auf der alten, ruhigen Trasse im Tal weiterfährt. Hinter dem Ort Lend ist - unsichtbar - die Grenze zum Pongau.
Einen Kilometer hinter Lend wird es nochmal richtig anstrengend, Der Weg weist nach rechts, unter der Eisenbahn hindurch. Gleich nach der Unterführung wird es heftig; ohne Vorwarnung geht es eine regelrechte Wand hinauf. Geschätze 15% Durchschnitt auf etwa 800 Metern. Außerdem nerven mich einige Jugendliche, die ausgerechnet hier mit ihren Gelände-Mofas rauf und runter rasen müssen. Man erreicht die Raststätte an der Bundesstraße, hier wird es erstmal wieder flach. Um die Raststätte herumgefahren, wird es nochmal steil, diesmal jedoch nicht so lang.
Als ich mich die Steigung hochkämpfe, nehme ich ein seltsames Geräusch am Vorderrad wahr. Ich schaue hin - der Schnellspanner hat sich mitten in der Fahrt gelöst! Das kann ja wohl nicht wahr sein, wie geht denn sowas? Nur gut, dass es bei langsamer Fahrt passiert ist. Jedenfalls bin ich etwas angefressen und auch besorgt, wie es mit der Fahrt weitergeht. Ich ziehe den Schnellspanner erstmal wieder fest und fahre weiter, alle zehn Meter kontrollierend, ob er noch in Position ist. Ein paar hundert Meter ist die Wegweisung nicht klar, ich fahre links den Berg hinunter, aber es ist eine Sackgasse. Also wieder hoch und rechts weiter. Die Steigung hat nachgelassen, dafür sind die Enduro-Kids wieder da. Dann geht es noch ein letztes Mal kurz steil bergan zum vermeintlichen Lohn der Mühe, dem Speichersee Brandstatt. Der aber ist eine Enttäuschung: Erstens ist er umzäunt, zweitens ist das meiste Wasser abgelassen worden. Also geht es in die Abfahrt, nicht ohne besorgte Blicke aufs Vorderrad. In der Abfahrt gibt es eine gute Aussicht auf die Dientener Berge, Schwarzach und das Salzachknie. Aber mal ehrlich, nichts, was man nicht auch anderswo in den Alpen sehen könnte. Für meine Begriffe lohnt sich diese Plackerei nicht, das nächste Mal würde ich bei Lend im Tal bleiben, auch wenn die letzten Meter vor Schwarzach dann wieder auf der Bundesstraße zurückzulegen sind.
Speichersee |
Blick aufs Salzachknie |
In Schwarzach wird der Salzleckertisch im Rathaus als Sehenswürdigkeit angepriesen, das aber ist natürlich Samstagabends geschlossen. So halte ich mich nicht lange auf, zumal es schon halb sechs ist. Überhaupt bin ich etwas genervt, und die vielen kleinen, aber gemeinen Steigungen im Lauf des Tages haben mich mehr geschafft als gestern der Gerlospass. Nix war's mit einfacher Fahrt im Tal. Von Schwarzach nach St. Johann geht's an der Salzach entlang auf einem Schotterweg. Hinterm Salzachknie überquere ich einen Steg, um zur Liechtensteinklamm zu gelangen, wo ich kurz vor Kassenschluss ankomme.
Die Liechtensteinklamm entschädigt für einige Ärgernisse des Tages, sie ist ein Naturschauspiel allerersten Ranges. An der engsten Stelle drängen sich die Felswände auf zwei Meter zusammen, und die Luft ist erfüllt vom Tosen des Wassers. Den krönenden Abschluss bildet ein schöner Wasserfall am Ende der Klamm. Auch die Versuche des Bürgermeisters, englischsprachige Touristen zur Ordnung zu mahnen, sind lesenswert, wenngleich eher komischer Natur. Die ganze Besichtigung dauert etwa eine Dreiviertelstunde.
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In St. Johann ist auch noch nicht die Hochsaison ausgebrochen, die Tourist-Information hat äußerst dürftige Informationen (nicht einmal einen Stadtplan) und listet freie Zimmer nur in teuren Hotels auf. Am Ende komme ich noch im Haus Monika unter, für 30 Euro. Abends leckeres und sehr gutes Abendessen beim Italiener im Stadtzentrum.
St. Johann |