Elektronische Kommunikation kann sich
schädlich auf das Sozialleben auswirken. Statt Nachbarschaftskontakte,
Freundschaften und Bekanntschaften zu pflegen, bewegen sich Menschen durch
die künstlichen Welten der Datennetze, wo sie per Terminal Eingabe
anonyme und unverbindliche Kontakte zu weit entfernten Unbekannten aufnehmen.
"Künstliche Nachbarschaften" ersetzen die emotionale Einbindung
in ein echtes soziales Umfeld mit Menschen aus Fleisch und Blut. Wenn über
Datennetze Millionen von Interaktionspartnern erreichbar sind und man nicht
auf die lokal angesiedelten Personen angewiesen ist, steigen die Chancen,
Partner gemäß den eigenen Werten und Wunschvorstellungen auszusuchen
und sich von anderen abzuschotten. Eine Zersplitterung der Gesellschaft
in immer mehr Insider Kreise wird dadurch begünstigt.
Aber auch computervermittelte Kontakte zu Personen, die man kennt, werden
durch das Medium eingeschränkt, denn computervermittelte Kommunikation,
die vornehmlich textbasiert abläuft, kann nonverbale Signale, Stimme
und Stimmung, Geruch und Atmosphäre nicht übermitteln. Gleichzeitig
müssen sich Kommunikation und Informationsaustausch den Erfordernissen
der Informationstechnik anpassen, was zu Formalisierung, Ent-Emotionalisierung,
Ent-Zeitlichung, Ent-Räumlichung wenn nicht gar Ent-Menschlichung führt.
Diese Informatisierung der Kommunikation trägt zu ihrer Verarmung bei.
Kommunikationsgelegenheiten, die sich im Alltag informell, zufällig
und beiläufig ergeben und entwickeln, werden bei technischer Vermittlung
in ein Korsett technischer Regeln gezwängt und müssen geradezu
schematisch und vorgeplant ablaufen (z. B. eine Videokonferenz).
An die Stelle lebendiger, spontaner, direkter sinnlicher Welterfahrung treten
vermittelte, entmaterialisierte, entsinnlichte und damit auch entmenschlichte.
Zwischenmenschliche Bindungen werden durch diese Mediatisierung "abgekühlt",
echte Nähe und Verbundenheit kann technische Kommunikation nicht herstellen.
Was die neue Diskussionskultur betrifft, so sollte einem immer bewußt
sein, daß ein Datennetz keine persönliche Begegnung vollständig
ersetzt. Um mit Menschen zu diskutieren, Meinungen auszutauschen und um
Informationen zu erlangen ist die technische Kommunikation ein starkes Werkzeug.
In der Benennung 'Werkzeug' liegt auch ihre Beschränkung. Als solches
sollte sie nicht Ersatz zu zwischenmenschlichen Beziehungen und Sozialkontakten
werden.